Die rechtmäßige Vergütung von Betriebsratsmitgliedern stellt Arbeitgeber vor große Herausforderungen. Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt, das gem. § 37 Abs. 1 BetrVG unentgeltlich geführt wird. Dennoch haben Mitglieder des Betriebsrats gem. § 37 Abs. 2 BetrVG Anspruch auf ihren Arbeitslohn nach dem Lohnausfallprinzip. Die Berechnung des geschuldeten Entgelts erfolgt dabei auf der Grundlage einer hypothetischen Betrachtung, d.h. es stellt sich die Frage, welches Arbeitsentgelt Betriebsratsmitglieder ohne die Ausübung ihrer Betriebsratstätigkeit erhalten hätten.
Insbesondere bei Betriebsratsmitgliedern, die ggf. bereits über mehrere Wahlperioden von der Arbeitsleistung freigestellt sind, bereitet die Festlegung der Betriebsratsvergütung auf Arbeitgeberseite besondere Schwierigkeiten. Diese haben ihren Ursprung in § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG und § 78 Satz 2 BetrVG. Nach § 37 Abs. 4 BetrVG darf die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen sein, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Diese Vorschrift konkretisiert das allgemeine Benachteiligungs- und Begünstigungsverbot von Betriebsratsmitgliedern in § 78 Satz 2 BetrVG und ist gem. § 119 BetrVG sogar mit Strafe bedroht. Der Grat zwischen Begünstigung und Benachteiligung ist sehr schmal, während der entscheidenden Fragestellung nach dem Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung ein sehr weiter Beurteilungsspielraum zukommt. Fest steht, dass dem Betriebsratsmitglied letztlich ein Anspruch auf Berücksichtigung einer beruflichen Entwicklung und damit verbunden auch ein entsprechendes Entgelt zukommt.
Aber wie kann der Arbeitgeber diesem Anspruch unter Berücksichtigung des Benachteiligungs- und Begünstigungsverbots und somit ohne sich angreifbar zu machen nachkommen? Bei der Beantwortung dieser Frage ist zu berücksichtigen, welche Anforderungen die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers in solchen Situationen stellt. Die Darlegungs- und Beweislast für eine unzulässige Benachteiligung wegen des Betriebsratsamts trägt grundsätzlich das Betriebsratsmitglied. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, dass derjenige, der ein Recht für sich in Anspruch nimmt, die Darlegungs- und Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt. Aber wie will der Arbeitnehmer beweisen, dass er ohne die Ausübung seines Betriebsratsamtes einen beruflichen Aufstieg genommen hätte? Das BAG wendet auf solche Fälle die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast an (vgl. BAG 20.01.2021 – 7 AZR 52/20, NZA 2021, 864).
Damit genügt es zunächst, wenn das Betriebsratsmitglied darlegt, dass es die Qualifikationen der höherdotierten Stelle erfüllt und behauptet, dass es gerade wegen seines Amtes nicht befördert worden ist. Dies muss der Arbeitgeber nicht nur bestreiten, sondern dieser hat vielmehr seine Motive für die Auswahlentscheidung zu Gunsten eines anderen Bewerbers konkret zu benennen.
Praxistipp:
Aus diesem Grund ist Arbeitgebern zu empfehlen, bei jeder Personalentscheidung eine umfassende Prüfung dahingehend vorzunehmen ob die Position nicht auch mit einem Betriebsratsmitglied besetzt werden kann. Dies gilt unabhängig davon, ob sich das Betriebsratsmitglied tatsächlich auf die Stelle beworben hat oder die geforderten Qualifikationen aufweist. Zu Beweiszwecken sollte diese Prüfung sodann auch dokumentiert werden.
Hinzu kommt die Schwierigkeit, dass ein Betriebsratsmitglied ggf. noch Jahre nach der Besetzung einer Position ein Benachteiligungsverbot bzw. einen Anspruch auf Anpassung seiner Vergütung geltend machen kann. Somit ist dem Arbeitgeber dringend zu raten, die umfassende Prüfung der Personalentscheidung nicht nur vorzunehmen, sondern auch zu dokumentieren.
Letztlich ist anzumerken, dass diese Grundsätze ebenso zur Vermeidung des Vorwurfs der Betriebsratsbegünstigung gelten. Zur Vermeidung des Vorwurfs der Betriebsratsbegünstigung sollte das Unternehmen somit auch nachvollziehbar schildern können, weshalb nach seiner Überzeugung das Betriebsratsmitglied eine bessere als die betriebsübliche Entwicklung auch ohne Betriebsratsamt und Betriebsratstätigkeit genommen hätte. Auch ist es nötig, denkbare Karrierewege darstellen und begründen zu können.