Das im Jahre 2017 in Kraft getretene Gesetz zur Förderung der Entgelttransparenz zwischen Frauen und Männern (EntgTranspG) soll Beschäftigte dabei unterstützen, ihren Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchzusetzen. So steht Arbeitnehmern zur Kontrolle der Einhaltung der Entgeltgleichheit (in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten) nach § 10 EntgTranspG ein individuelles Auskunftsrecht zu. Ein von der Bundesregierung 2019 vorgelegter Evaluationsbericht bestätigt, dass das Gesetz allerdings bislang Arbeitgeber vor keine Probleme gestellt hat, dahingehende Anfragen und somit letztlich auch gerichtliche Entscheidungen ausblieben.
In zwei Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) aus der jüngeren Vergangenheit (BAG 28.07.2020 - 1 ABR 6/19 und BAG 29.09.2020 - 1 ABR 32/19) zeigt sich, dass nunmehr vermehrt Betriebsräte von den gesetzlichen Regelungen des Entgelttransparenzgesetzes Gebrauch machen und ihre darin enthaltenen Rechte nutzen, um so Einsicht in die Bruttolohn- und Gehaltslisten der Beschäftigten zu erlangen. Nach § 14 Abs. 1 EntgTranspG bzw. § 15 Abs. 1 EntgTranspG können sich Beschäftigte für ihr Auskunftsverlangen nach § 10 EntgTranspG an den Betriebsrat wenden. Um dem Auskunftsverlangen des Beschäftigten zu entsprechen, kann der Betriebsrat gegenüber dem Arbeitgeber seine (Einsichts-)Rechte nach § 13 EntgTranspG nutzen.
Gemäß § 13 Abs. 2 EntgTranspG hat der Betriebsausschuss (§ 27 BetrVG) oder ein beauftragter Ausschuss (§ 28 Abs. 1 S. 3 BetrVG) das Recht, „die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter im Sinne des § 80 Abs. 2 S. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes einzusehen und auszuwerten“. Der Betriebsausschuss ist schon nach dem allgemeinen Einsichtsrecht gem. § 13 Abs. 2 EntgTranspG i. V. m. § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG berechtigt, die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter einzusehen, allerdings „nur“ hinsichtlich der vom Arbeitgeber tatsächlich geführten Listen. Das allgemeine Einsichtsrecht verpflichtet Arbeitgeber aber nicht, entsprechende Listen erst anzufertigen. Über diese Vorschrift stehen dem Betriebsrat noch keine zusätzlichen Rechte zu, vielmehr wird hier in erster Linie auf den allgemeinen Anspruch des Betriebsrat nach § 80 Abs. 2 BetrVG Bezug genommen.
Etwas anderes ergibt sich aber aus den Regelungen des § 13 Abs. 3 EntgTranspG. § 13 Abs. 3 EntgTranspG bietet den Mitgliedern des Betriebsausschusses nämlich zusätzlich noch ein besonderes Einsichtsrecht in aufgeschlüsselte und aufbereitete Entgeltlisten. § 13 Abs. 3 EntgTranspG verpflichtet den Arbeitgeber nicht nur dazu, dem Betriebsausschuss Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und ‑gehälter der Beschäftigten zu gewähren, sondern auch diesbezügliche Listen nach näheren Maßgaben aufzubereiten, aufzuschlüsseln und ggf. entsprechende Listen somit erst zu erstellen. Die Entgeltlisten „müssen nach Geschlecht aufgeschlüsselt alle Entgeltbestandteile enthalten einschließlich übertariflicher Zulagen und solcher Zahlungen, die individuell ausgehandelt und gezahlt werden“.
Es genügt somit seitens des Betriebsrats, wenn nur ein Arbeitnehmer des Betriebs sein Auskunftsverlangen nach dem Entgelttransparentgesetz geltend macht, um recht „einfach und unkompliziert“ an die jeweiligen Mitarbeiterdaten und Informationen des Arbeitgebers zu gelangen und zudem den Arbeitgeber noch zur Erstellung aufgeschlüsselter Listen zu verpflichten.
Vor diesem Hintergrund ist den beiden oben genannten Entscheidungen des BAG vom 28.07.2020 und vom 29.09.2020 besondere Bedeutung beizumessen. In den Entscheidungen hob das BAG hervor, dass dem Betriebsrat die (Einsichts-)Rechte aus § 13 Abs. 2 und Abs. 3 EntgTranspG nur zustehen, wenn dieser für die Erteilung der Auskunft zuständig ist.
Der Arbeitgeber kann nach den gesetzlichen Regelungen gem. § 14 Abs. 2 S. 1 EntgTranspG bzw. gem. § 15 Abs. 2 EntgTranspG die Erfüllung dieser Auskunftsverpflichtung an sich ziehen und somit dem Betriebsrat die Zuständigkeit nehmen. Damit können die aufgeführten Rechte des Betriebsrats rund um das „leidige“ Thema „Einsicht in Bruttolohn- und Gehaltslisten“ - jedenfalls aus § 13 EntgTranspG - sicher ausgeschlossen werden.
Voraussetzung für den Ausschluss des Einsichtsrechts ist, dass der Arbeitgeber die Auskunftspflicht an sich gezogen hat. Dafür ist seitens des Arbeitgebers eine schriftliche Erklärung und Begründung gegenüber dem Betriebsrat erforderlich. Diese ist zwingend vor einem gestellten Auskunftsverlangen des Arbeitnehmers zu erklären. Eine Übernahme im Nachhinein scheidet aus (vgl. hierzu LAG Berlin-Brandenburg 03.09.2021 – 24 TaBV 481/20). Zudem ist die Übernahmeerklärung zeitlich beschränkt, maximal für die Dauer der jeweiligen Amtszeit des Betriebsrats.
Praxistipp:
Unternehmen, welche die Beteiligung des Betriebsrats an dieser Stelle vermeiden möchten und auch gewillt sind, die Auskunftsverpflichtung selbst zu übernehmen, ist zu empfehlen, spätestens bei der kommenden Betriebsratswahl dieses Frühjahr, eine solche Übernahme zeitnah gegenüber dem (neu) gewählten Gremium zu erklären.